Doc Pablo erzählt diese feinen Momente. Ein seltener Einblick in die Psychologie eines Menschen als Filmfigur.


Psycho-Seminar "Spannende Filmfiguren"

Seminar für Filmschaffende, Produzenten, Regisseure und Drehbuchautoren

zur Erschaffung vielschichtiger Filmfiguren

Die Hauptfigur jeder Geschichte kann nur zum Helden reifen, wenn ihr ein starker, glaubwürdiger Antagonist gegenübersteht. Zu oft gibt es beim Schreiben, Inszenieren und Darstellen dieser aber konzeptuelle Schwierigkeiten - eine konfliktbezogene Herangehensweise kann diese aus dem Weg schaffen und der Figur Leben einhauchen. Eine emotionale und zugleich "psycho-logische" Sicht auf die Figurenentwicklung zu behalten, ist oftmals schwierig beim Schreiben, Inszenieren und Darstellen. Denn im kreativen Prozess wird vieles intuitiv und aufgrund eigener Erfahrungen, Emotionen und Erwartungen auf die Figuren übertragen. Dabei werden alternative Spielweisen der menschlichen Psyche übersehen oder bleiben ungenutzt. Wie können Figuren mit speziellen psychologischen Merkmalen ausgestattet werden, die durch die ganze Geschichte tragen? Die sogar neue Geschichten und neue Erzählweisen eröffnen? Klassische Konflikttypen, Persönlichkeitsstile und deren Störungen wurden im Seminar als Psychopathien vorgestellt und die wants und needs der Filmfigur anhand beispielhafter komplexer Konflikte spezifisch, auch für Serientäter und Straftäter, demonstriert. Es wurden Impulse gesetzt, interessante und neue Alternativen der Plot-Entwicklung zu finden, an die zuvor vielleicht noch nicht gedacht wurde.

Prämisse: Was wäre, wenn einer der Filmfiguren eine Persönlichkeitsstörung hätte? Wie anders würde diese Figur dann sein Problem lösen? Wäre es nicht packend, unterhaltsam und lehrreich, dem zu folgen? Was können wir bei der Beobachtung der merkwürdigen psychologischen, also der zutiefst individuellen emotionalen Seiten der Filmfigur, über uns selbst lernen? Sind wir nicht alle irgendwie besonders und könnten es in uns erkunden?

Effekte: Externalisierung innerer Konflikte. Visualisierung innerer Probleme. Grenzen im Kopf werden als Grenzen im Außenbereich sichtbar, als Bilder. Sichtbarkeit im Antagonisten. Antagonist ist das gespiegelte Zerrbild des Protagonisten. Spannungsfeld aufziehen zwischen Protagonisten und Antagonisten. Hier stecken die interessanten psychologischen Details, die sich zu erzählen lohnen. Schema, Konflikt, Persönlichkeitsstruktur, Trigger. Auf der Spielebene ist die sichtbare Oberfläche und dahinter verborgen die Motivebene des Unbekannten, die emotional erkundet werden kann und die Antwort liefert. Angst, Trauer, Freude, Ekel, Wut, Backstory, Trauma. Die Lösung des neuen Problems findet im Aufeinandertreffen der antagonistischen Kräfte statt. Suchen und Jagen. Flucht oder Angriff. Reiz und Reaktion. Den Raum zwischen Reiz und Reaktion öffnen. Zwischen Reiz und Reaktion ist ein großer Raum. Die Spaltung wird im Protagonisten erkannt. Die Verbindung der Spaltung führt zu einem versöhnlichen und entlastenden Ergebnis. Das Spannungsfeld schließt sich. Ende der Geschichte.

Filmfiguren wirken interessanter und Filme ziehen die Zuschauer eher in den Bann, wenn die handelnden Personen als Charaktere mit Ecken und Kanten ausgebildet sind

Warum beschäftigen uns manche Filme länger als andere? Wieso sind böse Figuren oft spannender als gute Filmcharaktere?
Wie können Figuren mit speziellen psychologischen Merkmalen ausgestattet werden, die durch die ganze Geschichte tragen? Die andere Geschichten und neue Erzählweisen eröffnen? Für einen guten Film ist es nicht nur wichtig, eine tolle Geschichte und eine gute Struktur zu haben, mindestens genauso wichtig ist es, Figuren mit einer komplexen Persönlichkeitsstruktur zu zeigen.
Das Buch entstand aus einem Seminar, das der Autor an der Filmwerkstatt München gehalten hat.
Der Autor setzt Impulse, um interessante und neue Alternativen der Plot-Entwicklung zu finden, an die zuvor vielleicht noch nicht gedacht wurde. Klassische Konflikttypen, Persönlichkeitsstile und deren Störungen werden als Psychopathien vorgestellt und die wants und needs der Filmfigur anhand beispielhafter komplexer Konflikte spezifisch demonstriert.
Das Buch richtet sich in erster Linie an Menschen,die sich professionell mit dem Schreiben von Drehbüchern und der Produktion von Filmen beschäftigen. Aber auch jeder Filmfan, der verstehen möchte, warum ihm oder ihr welche Filme gefallen, findet hier erhellende Zusammenhänge.

Die Lektüre ist in der Tat enorm gewinnbringend für beide Seiten: Autorinnen und Autoren können lernen, worauf sie tunlichst achten sollten, damit das Publikum bereit ist, ihre Figuren durch Höhen und Tiefen zu begleiten; Zuschauerinnen und Zuschauer wiederum verstehen, warum es Filme gibt, die sie packen und begeistern, und warum andere sie völlig kaltlassen. Zu diesem Zweck holt Hagemeyer (Jahrgang 1970) weit aus und lädt zu diversen Streifzügen durch die Psychoanalyse. Das ist mitunter etwas weitschweifig, aber meistens ziemlich spannend – und vor allem kenntnisreich.

Tilmann P. Gangloff in Mediendiskurs 1/2024
Ein großer Pluspunkt des Buches ist, dass man Hagemeyers Ausführungen auch ohne Vorkenntnisse aus der Psychologie folgen kann. Mithilfe der Monografie wird die Wahrnehmung von Filmfiguren geschärft, da es nach der Lektüre gelingt, deren psychologische Profile von Grund auf und tiefgehend zu verstehen. Ebenfalls positiv herauszustellen ist das ansprechend gestaltete Layout mit hilfreichen Schaubildern, wodurch manche Komplexität im Buch aufgelockert wird. Dadurch gelingt es, die einzelnen psychologischen Zusammenhänge im Kontext der Filmfiguren ohne weiteres nachzuvollziehen.

Anika Roduchnig in MEDIENwissenschaft 02/2024